Mediendemokratie oder Mediendiktatur?
Was taugt eine Mediendemokratie, die vom Kapital finanziert und gesteuert wird?
Niemand
kann es leugnen: Alle politischen Entscheidungen in unserem Lande
(und natürlich auch in den anderen Industrienationen) werden von
den Medien im starken Maße beeinflusst, wenn nicht sogar
entschieden. Kein Wunder also, dass der Sprachbegriff
Mediendemokratie" irgendwann sich regelrecht
aufdrängte.
Die Frage, die sich aus dieser Konstellation des politischen
Machtgefüges herausschält, lautet daher zwangsläufig:
Kann eine Mediendemokratie überhaupt demokratisch sein,
müssten wir nicht korrekterweise von einer Mediendiktatur
sprechen?" Und damit sind wir auch gleich bei der zweiten Frage:
Wer sind denn überhaupt die Medien?"
Das
Meinungskartell der Multimillionäre
Die
Medienlandschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten stark
verändert. Leider, muss man wohl sagen. In den fünfziger
und sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die öffentliche
Meinung noch im großen Ausmaß von lokalen
Zeitungsbetrieben geprägt. Fast jedes kleine Städtchen
hatte seine eigene Tageszeitung und damit auch seinen eigenen,
unabhängigen Verleger. Im
Laufe der Zeit hat sich dies durch den sich verstärkenden
Konkurrenzdruck vollkommen geändert. Der kleine souveräne
lokale Zeitungsverleger ist ausgestorben, ihn gibt es quasi nicht
mehr. Eine Lokalzeitung nach der anderen wurde von
größeren Verlagen aufgekauft. Es fand ein
Konzentrationsprozess statt, worunter die Meinungsvielfalt
spürbar gelitten hat. Heute bestimmen einige Dutzend
Medienverlage, in dessen Portfolio sich längst auch private
Rundfunkanstalten und Fernsehsender befinden, das öffentliche
Meinungsbild.
Das
Vorrecht der Reichen, die öffentliche Meinung zu bilden!
Was
aber sind das für Leute, die in den Schaltzentralen dieser
meinungsbildenden Machtbasen sitzen? Gibt es auch nur einen einzigen
Menschen darunter, der im Monat weniger als 20.000 Euro
verdient? Wie
objektiv können solche Großverdiener sein? Kann sich ein
Millionär überhaupt in die Sorgen und Nöte eines
Normalbürgers hineinversetzen? Kann oder wird er objektiv
urteilen, wird ihm also das Allgemeinwohl wichtiger sein als sein
eigener finanzieller Erfolg?
Nun wird manch einer einwenden, Was soll´s, wichtig
sind doch nicht Verlagsführung und Besitzverhältnisse,
wichtig sind die Redakteure einer Zeitung, die doch relativ
unabhängig ihre eigene Meinung vertreten dürfen".
Eine
solche Einstellung kann ich beim besten Willen nicht teilen, ich
halte sie für naiv. Denn natürlich kennt jeder Redakteur
die politische Grundeinstellung seines Chefs (der sicherlich auch
nach bestimmten Auswahlkriterien eingestellt wurde). Es besteht
letztlich eine Spirale von Abhängigkeiten. Kein Redakteur
möchte dumm auffallen, keiner möchte eine Sache vertreten,
für die er eventuell in Ungnade fällt. Die Konkurrenz und
Existenzangst auch unter den Journalisten ist groß - wer ist
schon völlig selbstlos und denkt nicht an seine eigene Zukunft
und das Wohl seiner Familie?
Schließlich ist nicht einmal der Verlag selbst in seinen
Entscheidungen unabhängig! Auch er muss sich am Markt behaupten
und ist auf Anzeigen angewiesen. Anzeigen werden von den großen
Unternehmen vornehmlich dort plaziert, wo auch das redaktionelle
Umfeld "stimmt". Wenn eine Redaktion also zu sehr nach links"
oder "rechts" abdriftet, sinkt das Anzeigenaufkommen und es droht der
Absturz.
Welche
Auswirkungen hat die Mediendemokratie auf die Politik?
Natürlich
hat die einseitige Interessenlage der Medienkonzerne starke
Auswirkungen auf die Politik. Denn auch die Politik kann sich von der
gelenkten Meinung der Medien nicht abkoppeln. Wenn Parteien gute
Wahlergebnisse erzielen wollen, können sie kaum für
Maßnahmen eintreten, welche die Medien (und das Kapital) strikt
ablehnen.
Ein gutes Beispiel dafür lieferte der Bundestagswahlkampf 2005.
Die CDU wollte endlich einen Einstieg in die
Umfinanzierung
der Sozialsysteme
(Mehrwertsteuer
rauf, Lohnnebenkosten runter). Diese eigentlich längst
überfällige Reform war den meisten Medienanstalten aber
nicht genehm: Sie hatten wohl erkannt, dass dadurch die Position des
Kapitals geschwächt würde. Mit unsachlichen Argumenten und
unwahren Behauptungen wurde daher das Wahlvolk gegen die
Mehrwertsteuererhöhung aufgewiegelt. Die Folgen sind
bekannt: die CDU sackte in den letzten Wochen in der Wählergunst
stark ab und musste wegen des schlechten Wahlergebnisses eine
große Koalition mit der SPD bilden.
Dieses kleine Beispiel verdeutlicht, wie sehr die Medien heute die politische Richtung beeinflussen. Die Redakteure entscheiden letztlich auch darüber, welche Meldungen in den Vordergrund gerückt und welche ausgelassen oder versteckt werden. Dabei können sie sich sachlich und in der Form korrekt geben - indem sie sich einfach auf die Meinung Dritter berufen. Fast zu jedem Thema finden sich Experten mit kapitalfreundlichen Auffassungen. Die Redaktion braucht also lediglich die Beiträge geschickt selektieren und nur diejenigen zu Wort kommen lassen, die ihnen genehm sind - und schon dirigiert man die Meinung so, wie man es gerne hätte.
Der
Einfluss der "Stiftungen"
Völlig
unterschätzt wird meines Erachtens der immense Einfluss von
privaten Stiftungen. Besonders brisant scheint mir, wenn hinter der
Stiftung ein mächtiger Medienkonzern steht. Wenn ich nur an die
Bertelsmann-Stiftung denke, die fast wie am Fließband
einflussreiche "Studien" veröffentlicht, wird mir ganz mulmig.
Ich denke, dass allein der Einfluss dieser einen Stiftung höher
einzuschätzen ist als der einer großen Volkspartei. Denn
auf die Studien, die sicher nicht selten ganz im Sinne der Erfinder
(Auftraggeber) ausfallen, stürzt sich gewöhnlich die
gesamte Medienmeute.
Da heißt es dann plötzlich bundesweit, "Zuwanderer
bescheren dem deutschen Sozialstaat einen jährlichen
Überschuss von 22 Milliarden Euro"
(November 2014) oder "der
deutsche Arbeitsmarkt braucht jährlich 533.000
Zuwanderer"
(März 2015). Der Einfluss ist so gewaltig, weil die bundesweit
veröffentlichten "Studien" nicht nur auf die Bevölkerung,
sondern auch auf Politik und Wirtschaft einwirken. Sie liefern somit
die Basis für Parteiprogramme und das öffentliche
Meinungsbild.
Alles
nur Zufall?
Mit der Mediendemokratie kam der Abstieg!
Seit
1980 geht es in Deutschland wirtschaftlich bergab. Trotz
fantastischer technologischer und produktiver
Fortschritte
sanken
die Reallöhne
und
stiegen
die realen Arbeitslosenzahlen.
Der Abstieg läuft nahezu parallel mit dem Konzentrationsprozess
der Presse. Ist es also nur purer Zufall oder steckt doch mehr
dahinter: Je mehr Mediendemokratie (oder sagen wir doch lieber
Mediendiktatur), desto schlechter geht es uns.
Die
Mediendemokratie und der neoliberale Wahn
Wir
reden immer wieder stolz von unserer Pressefreiheit - aber wo und
wann werden die wirklich relevanten Fragen in de Medien gestellt oder
überhaupt zugelassen? Über den Sinn oder Unsinn
der
Europäischen
Union,
über
den
Euro,
die Hintergründe der
Globalisierung
- über all diese wirklich auf den Nägeln brennenden
Schicksalsfragen hat es in den Medien (und damit auch in der
Öffentlichkeit) keine große Debatten gegeben. Kritik an
der EU und der Globalisierung hält unsere Mediendemokratie
offenbar für unangebracht. Und wenn doch einmal eine Diskussion
aufkeimt, wird von den Ursachen der Probleme (das
globale Dumpingsystem)
geschickt abgelenkt. Statt über Maßnahmen gegen den
ruinösen, weltweiten Preiswettbewerb nachzudenken, werden
neoliberale Ansinnen als einzige Alternative propagiert (längere
Arbeitszeiten, Lohnsenkungen, Steuer- und Abgabenerhöhungen,
Rentenkürzungen) bzw. die ewigen Dauerforderungen
heruntergeleiert (Bürokratieabbau, mehr Bildung
usw.).
Keine
Hetzkampagne
Mit
geht es in diesem Aufsatz nicht darum, die Bevölkerung gegen die
Medien aufzubringen. Auch halte ich die Meinungsmacher"
natürlich nicht generell für schlechte oder unaufrichtige
Menschen. Schließlich machen alle nur ihren Job und versuchen
ihr Bestes zu geben. Es sind also nicht die Menschen, die ich
anklage, sondern das System. Die Betroffenen müssen sich
diesem System unterwerfen um erfolgreich zu sein - also tun sie es
auch.
Mir kommt es darauf an, das Prinzip und die Schwächen dieser
Mediendemokratie aufzudecken, um damit die
Manipulation der öffentlichen Meinung zu
erschweren. Wer die Hintergründe für bestimmte Grundwerte
vieler Verlage kennt (Stichwort Neoliberalismus), wird auch auf
professionell verpackte Propaganda nicht mehr so leicht hereinfallen.
Er wird auch die Lösung von Staatsproblemen nicht mehr unbedingt
bei denen suchen, die vom jetzigen Prinzip der
kapitalistischen Ausbeutung profitieren
bzw. selbst dort eingebunden sind. Seit
40 Jahren sinken in Deutschland die Löhne und
Renten,
obwohl der technische Fortschritt
eigentlich eine Steigerung von mindestens 100 % hätte
einbringen müssen. Erst wenn die Medien mehrheitlich anfangen,
diesen eklatanten Widerspruch zuzugeben und echte
Lösungsansätze nicht mehr zu torpedieren suchen, hätte
unsere Mediendemokratie ihre erste Bewährungsprobe
bestanden.
Enthüllungen
zum selbigen Thema:
Mediendemokratie:
Der schleichende Niedergang Deutschlands seit 1980 ging einher mit
der Entmachtung (Bevormundung) der Bürger
Eine herzliche Bitte: Sollte Ihnen dieser Artikel (https://www.globalisierung.com.de/mediendemokratie.html) gefallen haben, empfehlen Sie ihn bitte weiter. Denn nur die allgemeine Aufklärung der Bevölkerung ebnet den Weg für notwendige Veränderungen. Es dankt Ihnen Manfred J. Müller
Anmerkung:
Der Sinn einzelner Thesen erschließt sich oft erst im
Zusammenhang mit anderen Artikeln des Autors. In einem einzelnen
Aufsatz können nicht jedesmal alle Hintergründe und
Grundsatzüberlegungen erneut eingeflochten werden.
Bücher
von Manfred J. Müller
Man
kann nicht ständig das, was der normale Menschenverstand und die
Mehrheit der Bevölkerung für gut und richtig befinden, als
rechten Populismus abtun. Täte man dies, wäre nur noch eine
gegen das Volk gerichtete Politik legitim. Das wäre jedoch eine
Perversion der Demokratie!
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Impressum
© Manfred Julius Müller (unabhängiger, parteiloser
Wirtschaftsanalyst und Zukunftsforscher).
Erstveröffentlichung
2006